Faszinierendes Verhalten Vogelzug

Welche Gene spielen eine Rolle?

Die meisten unserer einheimischen Brutvögel ziehen im Winter in wärmere Gefilde. Ein Charakteristikum des Vogelzugs ist die große Variabilität in der Ausprägung dieses Zugverhaltens. Zugverhalten kann sowohl zwischen verschiedenen Arten, aber auch innerhalb ein und derselben Vogelart stark variieren.

Manche Populationen der Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla sind Langzieher, andere Kurzzieher, und wieder andere Populationen derselben Vogelart sind Standvögel, das heißt sie ziehen gar nicht. Besonders faszinierend sind Jungvögel auf ihrem ersten Langstreckenzug. Diese weniger als 20 Gramm leichten Vögel fliegen zielgenau über tausende von Kilometern, oft über Kontinente hinweg, in ein Überwinterungsgebiet, in dem sie noch nie zuvor gewesen sind – und zwar ohne die Hilfe ihrer Eltern, dafür aber mit bewunderswerter Genauigkeit! Wie schaffen sie das?

Integrativer Forschungsansatz

Durch quantitative genetische Analysen und Zuchtexperimenten wissen wir, dass ein Großteil der verschiedenen Zugstrategien eine genetische Grundlage hat. Was wir jedoch nicht wissen ist, wie viele und vor allem auch welche Gene bei der Regulierung dieser Variabilität des Verhaltens eine Rolle spielen.

Mit unserer Forschung möchten wir verstehen, welche Gene dafür verantwortlich sind, dass der Zugvogel weiß, wie er sein Überwinterungsgebiet findet, wann er losfliegen muss um rechtzeitig anzukommen - und welche Signalwege hierbei eine Rolle spielen.

Um diese Fragen möglichst effektiv untersuchen zu können, kombinieren wir modernste Sequenzierungsmethoden mit Verhaltensexperimenten an geeigneten, bisher aber genomisch noch nicht charakterisierte Zugvogel-Modellen, wie der Mönchsgrasmücke. Um die Gene zu identifizieren, welche die phänotypische Variabilität unterschiedlichen Zugverhaltens modulieren, charakterisieren wir genetische Variationen von Genkandidaten, bei denen ein möglicher Zusammenhang mit der variablen Ausprägung verschiedener Zugstrategien vermutet wird. Diesen Ansatz kombinieren wir mit der Analyse populationsspezifischer Unterschiede im Gen-Expressionsmuster benachbarter Populationen mit unterschiedlichen Zugrouten, beziehungsweise solchen Populationen, die sesshaft bleiben und nicht ziehen.